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„Politische Rattenfänger arbeiten mit Hass“

Von: Michael Finkenzeller

Interview mit Willi Jäger, Vorsitzender des Sozialverbands VdK Rheinland-Pfalz

Der VdK kämpft für die Rechte seiner Mitglieder und für eine solidarische Gesellschaft. Mit der VdK-ZEITUNG sprach Landesverbandsvorsitzender Willi Jäger über die erstrittenen Nachzahlungen, Zwei-Klassen-Medizin und politische Rattenfänger.

Ein Mann mit Brille und im Anzug sitzt an einem Schreibtisch und gestikuliert.
VdK-Landesverbandsvorsitzender Willi Jäger im Gespräch. © Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz

Herr Jäger, das Jahr 2024 startete mit einer Rekordzahl: Über 35 Millionen Euro an Nachzahlungen haben die VdK-Kreisverbände und Rechtsschutzstellen 2023 für unsere Mitglieder erstritten. Ist das ein Erfolg, auf den der VdK stolz sein kann?

Ich tue mich schwer, in diesem Zusammenhang von Rekord, Erfolg oder Stolz zu sprechen. Natürlich zeigt die Zahl, wie wichtig der VdK Rheinland-Pfalz für viele Menschen ist, wie gut unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten und welches Vertrauen uns als Sozialverband entgegengebracht wird. Aber die Zahl zeigt auch, dass die Nöte und Sorgen der Menschen im Land steigen: Noch nie haben wir mehr Widersprüche, Klagen und Berufungen eingereicht – gegen Rentenbescheide, abgelehnte Krankenkassenleistungen oder die Pflegekasse.

Das heißt, die soziale Spaltung verschärft sich?

Leider ja. Auch deswegen, weil viele Menschen ihre Rechte nicht kennen oder sie ihnen verwehrt werden. Manche Leistungsträger lehnen berechtigte Anträge ab und reagieren erst auf Widersprüche oder Klagen. Den gebeutelten Hilfesuchenden fehlt oft die Kraft, sich zu wehren; dann kommen wir ins Spiel.

Wer sind bei den Leistungsträgern die auffälligsten „schwarzen Schafe“?

Im Moment die Krankenkassen: Abendliche Anrufe, Ablehnung dringender Hilfsmittel, wiederholte Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit. Kosten sparen, Druck aufbauen. Darum geht‘s.

Das alles passiert Privatversicherten wahrscheinlich nicht ...

Wir haben eine Zwei-Klassen-Medizin, ganz eindeutig, auch wenn die Politik das Gegenteil behauptet. Wir brauchen einen Systemwechsel mit einer solidarischen Krankenversicherung, in die alle einzahlen. Die Folge wären günstigere Beiträge und bessere Leistungen.

... und weniger Frust bei den Bürgerinnen und Bürgern.

Mittlerweile ist es mehr als Frust. Menschen haben Zukunftssorgen, ganz allgemein. Krise folgt auf Krise. Preise steigen. Vieles, was früher möglich war, geht nicht mehr. Egal ob Mittelständler, Arbeiterfamilie oder Rentnerin – gefühlt geht es bergab.

Was bedeutet das für die kommenden Kommunal- und Europawahlen?

Auf unseren Internetseiten steht genau, welche Reformen wir fordern. Das sollte man mit den Programmen und Aussagen aller Parteien vergleichen. Dann wird man schnell sehen, wer wirklich sozial ist und wer das nur behauptet. Davon abgesehen warnen wir davor, Minderheiten gegen Minderheiten auszuspielen: Niemandem wird es besser gehen, wenn man die Sozialhilfe streicht, das Arbeitslosengeld kürzt, das Asylrecht abschafft oder Deutsche mit Migrationshintergrund schikaniert. Politische Rattenfänger arbeiten nur mit Hass, aber Hass ist keine Lösung. In unserem Leitbild steht: Der VdK kämpft für eine solidarische Gesellschaft und verurteilt Rassismus, Nationalismus, Antisemitismus und Diskriminierung. Das gilt.

Die Fragen stellte Michael Finkenzeller.